Update: Lipödem 2024
Seit der Erstbeschreibung des Lymphödems durch Allen und Hines im Jahre 1940 haben sich in der modernen Forschung noch immer keine eindeutigen Biomarker zur Diagnosestellung herauskristallisiert. Trotz vermehrter Forschungsaktivität der letzten Jahre ist zu den Ursachen der Erkrankung wenig bekannt, so dass bislang noch keine zielgerichtete Therapie entwickelt werden konnte. Die konservative und operative Therapie des Lipödems stützt sich aktuell noch auf die Symptomlinderung.
Die Diagnose des Lipödems erfolgt durch die Symptomatik, diese umfasst folgende Punkte:
Anhand dieser wenigen Anhaltspunkte lässt sich in vielen Arztpraxen ein Lipödem jedoch nur schwer von einer Lipohypertrophie bei Übergewicht abgrenzen. Dies führt häufig zu Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen. Entweder wird bei einer Patientin mit Übergewicht die Diagnose Lipödem gestellt oder im umgekehrten Falle wird einer Patientin mit Lipödem unterstellt, sie würde an Übergewicht leiden und solle Sport treiben und die Ernährung umstellen. Schwierig ist die Differenzierung, wenn ein Lipödem kombiniert mit Übergewicht/ Adipositas vorliegt. Die Wahrheit ist, dass durch begleitende sportliche Aktivität definitiv ein begleitendes Übergewicht/ Adipositas gebessert werden kann, jedoch die Schmerzen dadurch nicht immer gelindert werden. Ganz unterschiedlich über alle Stadien des Lipödems verteilt, kann eine zusätzlich Volumen- und Druckbelastung der Beine durch Lymphflüssigkeit oder Ödeme vorliegen. Patienten mit einer solchen sekundären lymphologischen Komponente profitieren von einer komplexen Entstauungstherapie. Diese beinhaltet Kompression, Lymphdrainage, Eigenübungen und Hautpflege. Hierfür empfiehlt sich eine Vorstellung beim Angiologen. Die wissenschaftlichen oft mit Ultraschall, Lymphszintigraphie oder MRT durchgeführten Studien konnten noch keine Klärung der Frage bringen, wo und warum eine zusätzliche lymphologische Komponente besteht und ob diese durch einen gestörten Rücktransport zum Herzen verursacht wird. Auf molekularbiologischer Ebene lässt sich in einigen Studien eine erhöhte Durchlässigkeit der sogenannten stromal vascular fraction nachweisen. Interessanterweise ist eine Tagesdynamik im klinischen Alltag sichtbar: die Beine sind morgens schlanker als abends, was durch eine orthostatische Volumenverschiebung begründet werden kann. Eine begleitende entzündliche Komponente des Fettgewebes wird in verschiedenen unabhängigen Publikationen durch das Vorliegen von Makrophagen als ein wichtiger Angriffspunkt für weitere Forschung gesehen. Inwiefern eine Entzündung zur Ausbildung des Ödems beträgt, ist noch ungeklärt.
Molekularbiologisch konnte in einigen Studien ebenfalls eine gesteigerte Differenzierung der Fettstammzellen beobachtet werden. Hieraus resultiert eine vermehrte Adipozytenproduktion. Diese Daten sind jedoch noch sehr uneinheitlich. Auch eine genetische Komponente ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Es kann in bestimmten Familien eine Häufung bei Frauen gesehen werden. Es konnte zwar kein einzelnes mutiertes Lipödem-Gen identifiziert werden, jedoch werden derzeit mehrere unterschiedlich lokalisierte Genveränderungen untersucht, die einen Einfluss haben könnten. Die Datenlage ist sehr weit gestreut und zu den untersuchten Genen gehören unter anderem solche für Zellproliferation, Zellzyklusregulierung, Hormoneinfluss und Immunregulation.
Fazit
Viel sich teils widersprechende Forschung ist im Gange. Fassbare Faktoren für eine sichere Diagnostik und zielgerichtete Therapie konnten jedoch noch nicht definiert werden. Bis die Datenlage einheitlich ist und Einzug in die Leitlinie zur Therapie des Lipödems findet, werden wohl noch einige Jahre vergehen. Deshalb wird auch im Jahre 2024 eine symptombasierte konservative und operative Therapie empfohlen, welche als Ultima ratio eine Fettabsaugung zur Fettgewebsreduktion vorsieht.
Als Grundlage für die Erstellung dieses Beitrages diente die 11/2023 veröffentlichte systematische Übersichtsarbeit von Funke et al. DOI 10.1055/a-2183-7414
Bei Fragen oder für weitere Informationen zum Thema Lipödem rufen Sie uns an!
Tel. 07141-920677
Weitere Informationen zum Thema Lipödem finden Sie hier